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Ein sehr empfehlenswertes Buch!

DEMENSCH

Was Hänschen nicht lernt ...

... lernt Hans nimmermehr"
sagt der Volksmund.

FALSCH! - auch wenn das lernen im Alter schwerer fällt!

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Entwicklung des Gehirns mit der Pubertät abgeschlossen sei
und das Organ fortan nur noch abgebaut würde.

Tatsächlich sterben im Laufe des Lebens zahlreiche Nervenzellen ab und das Gehirn schrumpft.
Es produziert weniger Botenstoffe (Neurotransmitter) und Informationen werden langsamer verarbeitet.
Daher braucht das Lernen mehr Zeit, und Inhalte müssen häufiger wiederholt werden.

Aber das Gehirn bleibt ein Leben lang wandlungsfähig!
Es kann neue Nervenzellen bilden und neue neuronale Netzwerke ausformen.
Diese Fähigkeit zur strukturellen neuorganisation ist Voraussetzung für alle geistigen Lernprzesse.

Die geringe Leistungsfähigkeit im Alter liegt oft an einem Mangel an:
* geistiger Übung
* Anregung der Sinne und
* körperlicher Übung der Grob- und Feinmotorik.

Von Geburt bis ins hohe Alter hängen unsere mentalen Fähigkeiten davon ab,
dass wir alle unsere Möglichkeiten nutzen und jederzeit bereit sind,
weiter zu denken und Neues zu lernen.
Was wir nicht nutzen, bauen wir ab!

Use it or lose it!

Immer mehr Menschen erreichen ein hohes Alter, und sie besitzen eine wichtige Ressource: WISSEN!
Die Älteren haben in der Geschichte schon immer eine wichtige Rolle gespielt als Quelle von Wissen,
Erfahrung und Weisheit.
Ihre Fähigkeiten analytisch und reflexiv zu denken, ihr zwischenmenschliches Feingefühl.

Ihre Gewissenhaftigkeit und Selbstsicherheit - all das verschafft ihnen einen Vorsprung - nicht nur am Arbeitsplatz.
Es ist kein Zufall, dass oft Ältere in leitenden Positionen sind.
Beeindruckende Beispiele gibt es viele:

* Konrad Adenauer (1876 - 1967) - erster Bundeskanzler Deutschlands, wurde mit 73 Jahren gewählt und füllte dieses Amt bis zu seinem 87. Lebensjahr aus.
* Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832) - berühmter deutscher Dichter, beendete mit 82 Jahren den 2. Teil des "Faust" - sein bedeutendstes Werk
* Emmanuel Kant (1724 - 1804) - bekannter deutscher Philosoph, veröffentlichte zwischen seinem 60. und 80. Lebensjahr seine größten Werke, die auf die Nachwelt bis heute wirken.

" Abgeschrieben von einer Informationstafel aus den "Körperwelten" in Stuttgart"


Leben ist, ...

... wenn man (trotzdem) lacht

Demenz ist nicht heilbar. Die Krankheit löst Ängste aus; nach wie vor tut sich unsere Gesellschaft
schwer, mit den Betroffenen umzugehen. Wenn es Angehörige trifft, sind wir erschüttert und nicht selten hilflos.
Bei einer Prognose von drei Millionen erkrankten Menschen im Jahr 2050 kann einem ohnehin das Lachen
vergehen.
Die Cartoons in diesem Buch ((DEMENSCH von Thomas Klie und Peter Gaymann) aber wollen uns zum Lachen
bringen - und sie schaffen es auch. Demenz hat ihre komischen Seiten; sie bringt komische Situationen hervor,
die Peter Gaymann gut beobachtet und trffend gezeichnet hat. Aber kann man, darf man über Demenz lachen?

Natürlich kann nur jede Einzelne, jeder Einzelne diese Frage für sich selbst beantworten und die Antwort wird
nicht immer gleich sein. Im Leben mit Demenzkranken gibt es traurige Momente, in denen das Weinen näher ist
als das Lachen. Aber eines kann man auch immer wieder beobachten: Demenzkranke Menschen selbst können
herzlich lachen und ihre Umgebung erheitern. Sie lassen sich auch leicht durch die Heiterkeit anderer anstecken.
Lachen, Frohsinn und Sinn für Humor sind Fähigkeiten, die jedem Menschen von Geburt an gegeben sind.
Demenzkranke verfügen in unterschiedlicher Weise weiterhin über diese Fähigkeiten. Man darf also getrost mit
ihnen über sich selbst, über eigene und fremde Missgeschicke lachen, wenn es nicht verletzend oder herabsetzend ist.
Was die Sprache nicht (mehr) vermitteln kann, wird über die Körpersprache und Humor transportiert.
Es gibt eben auch diese Seite der Demenz, eine Seite von Herzlichkeit und Wärme. Das Lachen hilft, Ängste und
Tabus zu durchbrechen und diese Seite der Krankheit, eine sehr menschliche, wahrzunehmen.

Der Volksmund weiß seit eh und je: Lachen ist die beste Medizin. Mittlerweile bestätigt die Wissenschaft,
dass Humor in Verbindung mit menschlicher Zuwendung tatsächlich ein Heilmittel ist. Humor fördert die Wahrnehmung,
Humor schult die Empathie, Humor entlastet.
Bewegung, Musik und eben auch Lachen gehören zu den wichtigsten Mitteln einer guten Betreuung demenzkranker Menschen.
Jan Wojnar, ein mit Humor ausgestatteter Gerontopsychiater, ruft dazu auf, Menschen, mit Demenz nicht nur als
Pflegebedürftige zu behandeln, sondern als Menschen, die ein Menschenrecht auf Heiterkeit und Humor haben.
Auch die Angehörigen und die Pflegekräfte, die sich um Demenzkranke kümmern, haben dieses Recht. Den Teams
in Pflegeeinrichtungen kann Humor helfen, sich besser zu verstehen, Druck zu mindern und mit Trauer und Leid umzugehen.
Gerade für Pflegekräfte, die einen enorm anstrengenden und anspruchsvollen Beruf haben, ist die Fähigkeit,
lachen zu können, etwas sehr wertvolles: eine fröhliche Lebens- und Überlebensstrategie.

... Auszüge aus einem bemerkenswerten Text von Mauela Schwesig (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
aus dem tollen Buch "DEMENSCH" (s.o.)

Menschen mit Demenz

... gehören in unsere Mitte

Demenz ist eine Erkrankung, die uns innehalten lässt. Karriere, Status, Rolle, all das zählt plötzlich nicht mehr.
Es zählt die emotionale Kommunikation, die Begegnung. Sie kommt ohne die Symbole unserer Gesellschaft
aus.

Für pflegende Angehörige ist die dementielle Erkrankung eines Familienmitgliedes eine große Herausforderung
und eine anspruchsvolle Aufgabe. So wird es im Verlauf der Erkrankung meist immer schwieriger, auf die gewohnte
Weise miteinander zu kommunizieren, sich auszutauschen oder die Erfordernisse des Alltags miteinander zu
besprechen und zu vereinbaren. Für alle Beteiligten entsteht damit eine sehr verunsichernde Situation. Das heißt
allerdings nicht, dass Kommunikation und echte Begegnung unmöglich wird. Ganz im Gegenteil, sie kann gelingen,
wenn andere, eher unkonventionelle Wege gefunden werden.

Dieses Ziel können wir erreichen, wenn wir voneinander lernen und wieder neugierig werden auf den Menschen
hinter den Krankheitssymptomen, neugierig auf die Geschichte, die ihm und ihr geblieben sind. Um miteinander
in Kontakt zu sein, gibt es unendlich viele Möglichkeiten.

Und wie finden wir die? Diese Frage berührt im Innersten unsere Haltung, unsere Sicht auf Demenz. Wollen wir
einen wirklich mitfühlenden, liebevollen Umgang, indem wir Menschen mit Demenz annehmen, wie sie sind?
Können wir den geliebten Menschen, die nachbarin oder den Nachbarn, so wie sie oder er war, loslassen und den
Menschen neu gegenübertreten, offen und akzeptierend? Werden wir es schaffen, unsere Vorstellungen aufzugeben,
wie Menschen mit Demenz sein und leben sollten?

Um unsere Haltung zu verändern, brauchen wir neue Bilder in unseren Köpfen. Es geht nicht nur darum, die bestmögliche
medizinische Versorgung bereitzustellen. Es ist genauso wichtig, wie wir miteinander umgehen. Schaffen wir spezielle
Demenzdörfer, in denen Kranke mit Kranken zusammen sind oder bauen wir unsere Quartiere so um, dass alle Bürgerinnen
und Bürger sich in den Cafés oder Kneipen treffen, beim Einkaufen, auf dem Marktplatz, beim Spielenachmittag oder
beim Sport - zusammengehalten durch Interessen, nicht durch Diagnosen.
Begegnung braucht Vielfalt, Offenheit, Neugier.

In einem Quartier, in dem sich auch Menschen mit Demenz zu Hause fühlen können, steht das Selbstbestimmungsrecht
an vorderster Stelle. Dabei kommt es ganz entscheidend auf die Gestaltung der individuellen Wohnsituation an. Wenn wir+#
die Biographie eines Menschen kennen, können Maßnahmen für eine individuelle Wohnraumanpassung oft klein sein,
aber für den oder die Einzelne eine große Wirkung entfalten. Damit das Zuhause zu einer persönlichen Wohlfüloase wird,
müssen wir in den Wohnungen und im Wohnumfeld vielfältige Anbindungen zur Gefühlswelt der Menschen mit Demenz
schaffen.

Deshalb brauchen wir für viele Bereiche neue Ideen des Miteinanders: individuell gestaltbare barrierefreie Wohnräume statt
zentrale Heime, den Stadtteilladen auf dem Marktplatz statt der Shoppingmall am Stadtrand, mehr aufsuchende, örtliche
Gesundheitsversorgung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Hierfür müssen wir gemeinsam Rahmenbedingungen schaffen.
Dabei können wir bereits auf zahlreiche gute Ideen vor Ort zurückgreifen. Gemeinsam können wir Räume öffnen und Neues
ausprobieren.

Wir können die Krankheit Demenz nicht heilen. Wir können und wollen vor dem Altern nicht davonlaufen. Aber wir können
viel dafür tun, unsere Lebenswelt nicht weiter zu zergliedern. Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und Freundinnen und Freunde
gehören zu uns und in unsere Mitte.

... Auszüge aus einem bemerkenswerten Text von barbara Steffens (Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter - Nordrhein-Westfalen)
aus dem tollen Buch "DEMENSCH" (s.o.)